Seismische Tiefenbestimmung von Fundamenten und Spundwänden
Die Tiefenbestimmung von Fundamenten und Spundwänden erfolgt hier mit dem Verfahren der Refraktionsseismik.
Dabei wird die physikalische Eigenschaft ausgenutzt, dass verschiedene Materialien unterschiedliche Wellengeschwindigkeiten besitzen. Da das Material eines Bauwerks immer eine höhere Wellengeschwindigkeit als das Erdreich besitzt, ist dieses Messverfahren anwendbar (Beton >3.500m/sec, Stahl ca. 6.000m/sec, Erdreich ca. 500m/sec).
Dass Messverfahren wird z.B. in der französischen Norm NF P 94-160-3 beschrieben.
Voraussetzungen für die Messung
Für die Messung ist es i.d.R. erforderlich, ein Messrohr neben dem Element, dessen Tiefe gemessen werden soll, in das Erdreich einzubringen. Dieses Messrohr sollte möglichst nah am Fundament bzw. der Spundwand eingebracht werden. Die Entfernung vom Messrohr zum Fundament bzw. der Spundwand sollte nicht größer als ein Meter und über die gesamte Länge möglichst konstant (also i.d.R. senkrecht) sein. Die Tiefe des Messrohres sollte deutlich unter der zu erwartenden Tiefe des Elements, dessen Tiefe gemessen werden soll, liegen. Das Messrohr sollte aus Kunststoff bestehen, so dass das Messsignal nicht zu stark gedämpft wird.
Das Messrohr wird vor dem Einbringen unten verschlossen, der Ringraum wird verfüllt und das Rohr wird für die Messung mit Wasser befüllt.
Messprinzip
In das Element, dessen Tiefe bestimmt werden soll, wird über der Erdoberfläche ein mechanischer Impuls eingeleitet. Dieser durchläuft das Fundament bzw. die Spundwand in die Tiefe, wird aber auch seitlich in das Erdreich abgestrahlt.
Beim Übergang des Impulses in das umliegende Erdreich, verlangsamt sich die Wellengeschwindigkeit, da diese im Bauteil wesentlich größer ist als im Erdreich.
Die Ankopplung des Sensors / der Sensoren erfolgt durch das im Messrohr befindliche Wasser über die Außenwand des Messrohres selbst.
Gemessen wird in verschiedenen Tiefen die Zeit, die zwischen der Einleitung des Messimpulses (Hammerschlag = t0) und der Registrierung des Impulses in den verschiedenen Messtiefen verstreicht (tn).
Möglichkeiten der Anwendung des Messverfahrens
- Einleitung des Messimpulses: Der Messimpuls kann durch einen instrumentierten Hammer, durch einen nicht instrumentieren Hammer mit zusätzlichem Sensor oder durch ein geeignetes, z.B. vor Ort verfügbares Baugerät erfolgen, wobei auch in diesem Fall ein zusätzlicher Sensor erforderlich ist.
- Sensormesskette für die Messung der Tiefe: Eine Messkette besteht aus mehreren Sensoren, die in gleichen Abständen in verschiedenen Tiefen in das Messrohr eingebracht werden. Alle Sensoren messen gleichzeitig, so dass die für die Auswertung erforderlichen Signallaufzeiten gleichzeitig aufgezeichnet werden. Für eine Messung ist das Einleiten nur eines Impulses erforderlich.
- Einzelsensor für die Messung der Tiefe: Ein einzelner Sensor wird in definierten Abständen im Messrohr abgelassen. In den einzelnen Messtiefen wird jeweils ein Messimpuls in das Bauwerk eingeleitet.
Die Art der Einleitung des Messimpulses ist abhängig von den Gegebenheiten vor Ort und der Messtiefe. Muss ein starker Impuls eingebracht werden, ist u.U. ein geeignetes Baugerät vorteilhaft.
Bei Spundwänden, welche den Impuls sehr gut in die Tiefe leiten, ist i.d.R. ein Hammerschlag ausreichend.
Bei der Entscheidung Messkette / Einzelsensor spielt es eine Rolle, ob viele Messstellen vorhanden sind, so dass die höheren Kosten der Messkette gegenüber dem Einzelsensor durch die geringeren Personalkosten bei der schnelleren Abwicklung der einzelnen Messung aufgewogen werden.
Auswertung der Messungen
Wie in der Grafik zu sehen ist, wird die Messkurve (blau) aus den Messungen der Signallaufzeit (rot) in den verschiedenen Tiefen erstellt. Dabei setzen sich die Signallaufzeiten je Tiefe aus der Laufzeit des Bauteils und des Erdreichs zusammen. Die Gesamtlaufzeit besteht also aus der Addition dieser beiden Signallaufzeiten.
Im oberen Bereich laufen Bauteil und Messrohr parallel, so dass hier die hohe Wellengeschwindigkeit des Bauteils dominiert. Der Anteil des Signalweges vom Bauteil zum Messrohr ist konstant und damit lediglich ein Offset zur Signallaufzeit durch das Bauteil.
Ab der Tiefe, in der das Bauteil endet, bleibt der Anteil des Signalweges vom Bauteil konstant und die Gesamtsignallaufzeit steigt stark an, da nun der Anteil des Signalweges vom Bauteil zum Messrohr über die Tiefe immer stärker dominiert.
Dieser Abfall der Signalgeschwindigkeit (der Knick in der Messkurve) markiert die Tiefe des Fundaments bzw. der Spundwand.
Genauigkeit des Messverfahrens
Die Genauigkeit des Messverfahrens hängt von mehreren Faktoren ab:
- Signalgeschwindigkeit im Fundament bzw. der Spundwand: Die Signalgeschwindigkeiten der verschiedenen Materialien (Beton, Mauerwerk, Stahl etc.) sind meist grob bekannt. Die Genauigkeit wird jedoch erhöht, wenn vor Ort die Möglichkeit besteht, eine Referenzmessung an einem z.B. freigelegten Teilbereich des Bauteils durchführen zu können.
Eine weitere Möglichkeit die Signalgeschwindigkeit im Fundament bzw. der Spundwand zu ermitteln, ist, diese aus dem Teil der Messkurve zu ermitteln, der noch im Bereich des vorhandenen Fundament bzw. der Spundwand gemessen wird.
- Abstand des Messrohres zum Element, dessen Tiefe gemessen werden soll: Das Messrohr sollte möglichst nah am Bauteil in das Erdreich eingebracht werden. Der direkte Kontakt des Messrohres zum Element, dessen Tiefe gemessen werden soll, muss jedoch vermieden werden, da in diesem Fall die Übertragung des Messsignals direkt vom Bauteil zum Messrohr erfolgt und die Messung nicht bzw. nur schwer auswertbar ist.
- Parallelität, also der konstante Abstand des Messrohres zum Element, dessen Tiefe gemessen werden soll: I.d.R. ist davon auszugehen, dass das Element, dessen Tiefe gemessen werden soll, senkrecht im Untergrund steht, so dass diese Eigenschaft auch bei der Bohrung für das Messrohr möglichst genau erreicht werden sollte.
- Verfüllung des Ringraums des Messrohres: Die Verfüllung sollte mit Sorgfalt erfolgen, um Signaldämpfungen und -verfälschungen zu vermeiden.